Besonders jetzt, wo neue Lenkerformen scheinbar jede Woche auf dem Markt erscheinen, muss ein guter Mechaniker die Theorie von der Verlegung von Zügen verstehen. Man kann sich nicht länger auf "Daumenregeln" für die korrekte Zugführung verlassen.
Obwohl Leute viel auf die Art der Bremsen und Schaltwerke achten, die auf einem bestimmten Fahrrad montiert wurden, sind gute Praktiken für die Verlegung der Züge wichtiger, als die meisten Unterschiede zwischen verschiedenen Brems- und Schaltsystemen. Die teuersten Bremsen und Schaltwerke sind unzuverlässig, wenn in den Zügen zu viel Reibung oder zu viel Spiel herrscht, und selbst die billigsten Baugruppen können normalerweise zufriedenstellend arbeiten, wenn bei der Installation der Züge sorgfältig gearbeitet wurde.
Die überwiegende Teil an Problemen bei Bremsen und Schaltungen sind das Ergebnis hoher Reibung in den Zügen und keine Mängel an Hebeln, Bremsarmen oder Schaltwerken.
Isaac Newton sagte einmal "Für jede Aktion gibt es eine gleichartige und entgegengesetzte Reaktion". Im Falle von Fahrradzügen bedeutet dies, man kann nicht an einem Innenseil ziehen, ohne einen entsprechenden Gegendruck an der Aussenhülle.
Um Gewicht zu sparen, verwenden viele Fahrräder teilweise den Rahmen als Ersatz für die Aussenhülle. Dies wird durch Anbringen von Anschlägen am Rahmen oder der Gabel erreicht. Ein Anschlag ist ein Sockel für das Ende der Aussenhülle mit einem kleinen Loch oder Schlitz, durch dass das innere Seil geführt werden kann, aber nicht die Aussenhülle. Der "Druck" der Aussenhülle wird auf den Rahmen übertragen, so dass das innere Seil bis zum nächsten Anschlag laufen kann, der den "Druck" vom Rahmen zurück zum nächsten Stück der Aussenhülle überträgt.
Diese "blanke" Seilführung kann überall vorgenommen werden, wo das Seil in einer geraden Linie verläuft und nicht gebogen werden muss. Aussenhüllen sind für die Verbindung zwischen Lenker und Rahmen erforderlich, um die Drehbewegungen des Lenkers auszugleichen, während das Fahrrad gesteuert wird. Aussenhüllen werden üblicherweise auch dort eingesetzt, wo die Zugrichtung des Seils geändert werden muss.
Traditionelle Zughüllen bestehen aus einer eng gewundenen Spirale aus Stahldraht. Sie haben keine besondere Stärke gegenüber Zugkräften, aber sie können in der Länge nicht zusammengedrückt werden, da die Windungen des Stahldrahts eng aneinanderliegen.
Während der 1970er wurde das innere Seil direkt durch die Stahlspirale geführt, normalerweise unter Verwendung von Fett zur Schmierung. Moderne Zughüllen verwenden dagegen für den Innenbereich eine Hülle aus Kunststoff, die das innere Seil umschliesst. Dies verringert die Reibung erheblich. Einige "High-End"-Zugsysteme, wie Gore-Tex "Ride-On", erweitern diese Führung selbst auf die Bereiche, wo das Seil ohne Hülle verläuft. Diese Systeme verfügen auch über eine spezielle Beschichtung auf den Seilen zur weiteren Verminderung der Reibung.
Diese kleinen Veränderungen in der Länge der Zughülle waren aber zu viel für eine zuverlässige, indexierte Schaltung, weshalb Shimano "S.I.S."-Hüllen [Anm. d. Übers.: S.I.S. - Shimano Index System] eingeführt hat, die mittlerweile von vielen anderen Herstellern kopiert werden. Diese Art von Zughüllen besteht nicht aus einem einzelnen, spiralförmig gewundenen Draht, sondern aus einem Bündel einzelner Drähte, die parallel zur Zughülle verlaufen. Sie werden dadurch fixiert, dass sie zwischen der inneren und der äusseren Kunststoffhülle eingeschlossen sind.
"Kompressionslose" Zughüllen ändern ihre Länge beim Verbiegen nur unwesentlich, so dass die indexierten Schalthebel in der Lage sind, die richtige Einstellung an das Schaltwerk weiterzugeben, selbst wenn der Lenker gedreht wird und die Zughüllen durch die Erschütterungen während der Fahrt auf- und abspringen.
Warnung: Da kompressionslose Hüllen nur durch Kunststoff zusammengehalten werden, sind sie nicht so stark, wie konventionelle Spiralhüllen und sollten niemals für Bremsen verwendet werden! Die Kräft, die die Seile beim Bremsen ausüben, können kompressionslose Hüllen zum Bersten bringen, was zu einem vollständigen und sofortigen Verlust der Bremsfunktion führt.
Selbst wenn der Schnitt sauber ist, ist das Ende aufgrund des Winkels der Spirale nicht gerade und rechtwinklig. Sorgfältige Mechaniker werden die Enden abschleifen, so dass sie flach und gleichmässig sind. Das beste Werkzeug dafür ist ein Schleifstein, aber man kann das auch mit einer Feile machen, wenn kein Schleifstein zur Verfügung steht.
Wenn die Hülle abgeschnitten wird, werden die Enden der inneren Kunstoffhülle ebenfalls abgetrennt und dabei oft zusammengedrückt. Man kann einen Körner oder eine scharfe Ahle verwenden, um sie wieder zu öffnen und abzurunden. Wenn Sie das Ende mit einem Schleifstein bearbeiten, halten Sie den Körner griffbereit, damit sie die Kunstofführung direkt nach dem Schleifen bearbeiten können. Die Hitze, die durch das Schleifen entsteht, schmilzt die Kunstofführung leicht an. Durch das Einführen des Körners in die Hülle, bevor der Kunststoff abkühlt, wird die Hülle nicht nur abgerundet, sondern zusätzlich werden die Enden ein wenig flachgedrückt, was einen weicheren Übergang schafft.
Unbearbeitetes Ende | Fertiges Ende |
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Einige Leute, die über dieses Werkzeug nicht verfügen, verwenden Minibohrmaschinen ("Dremel") mit einer dünnen Trennscheibe zu diesem Zweck.
Bei kompressionslosen Zügen ist es nicht erforderlich, die Enden nach dem Schnitt abzuschleifen, da sie beim Schneiden mit dem richtigen Werkzeug flach sind. Allerdings ist es auch hier notwendig, die innere Kunststofführung mit einem Körner oder einer Ahle aufzuweiten.
Das letzte Stück, hinten am Schaltwerk, ist kurz und muss eine Biegung von nahezu 180 Grad ausführen. Normalerweise werden dafür "kompressionslose" Hüllen eingesetzt. Ich biege das Hüllenstück in die gewünschte Form, bevor ich es kürze.
Wenn man eine gerade Hülle schneidet, werden alle, der Länge nach verlaufenden Drähte, auf die selbe Länge gekürzt. Wird die Hülle danach gebogen, bekommt das Ende eine abgeschrägte Oberfläche, da die Drähte, die auf der Aussenseite der Biegung verlaufen, einen längeren Weg um die Biegung benötigen. Ich glaube, dass man durch das Schneiden nach dem Zurechtbiegen der Hülle ein glattere, zuverlässigere Verbindung am Ende der Zughülle erhält.
Um einen engen Kontakt zwischen der Zughülle und dem Anschlag im Bremshebel sicherzustellen, sollten die Bremszüge vollständig verbunden und unter Spannung gesetzt werden, bevor die Zughülle mit dem Lenkerband gesichert wird. Ein guter Weg dafür ist es, die Bremshebel stark zu betätigen, während man die Zughülle am Lenker mit Isolierband oder einem anderen Klebeband fixiert. Wenn man so vorgeht, tut man sich hinterher leichter, dass normale Lenkerband anzubringen oder es bei Bedarf auszuwechseln.
Der Zug für die Hinterradbremse sollte auf der gegenüberliegenden Seite des vorderen Bremszugs am Vorbau vorbeigeführt werden...auf diese Weise wird zu viel überschüssige Zuglänge vermieden, da der Lenker nicht weit so in die Richtung gedreht werden kann, die den Bremszug spannt.
Niemand weiss genau, warum das so ist. Meine Theorie ist, dass es auf der verständlichen Idee basiert, dass man in der Lage sein sollte, die Hauptbremse zu betätigen, während man ein Zeichen zum Abbiegen mit der anderen Hand signalisiert--verbunden mit der falschen Annahme, dass die Hinterradbremse die Hauptbremse ist.
Ich bevorzuge es, bei meinen eigenen Fahrrädern die Vorderradbremse mit dem rechten Bremshebel zu steuern. Dies erlaubt es mir, Handzeichen zu geben und gleichzeitig zu bremsen, und darüber hinaus meine stärkere, geschicktere Hand für die kritischere Vorderradbremse zu nutzen. (Ich verwende meine Hinterradbremse nur selten.)Da dies aber entgegengesetzt des vorherrschenden, nationalen Standards ist, würde ich ein Fahrrad niemals ohne besonderen Wunsch in dieser Weise für einen Kunden montieren. Es gibt von mir einen Artikel über Bremsen und Abbiegen, der diese Punkte detaillierter behandelt.
Dies funktionierte gut, bis Mountain Bikes auftauchten und kleine Kettenblätter zur normalen Ausstattung machten. Das Problem war, dass der erweiterte Bereich für den vorderen Umwerfer mit dem Zug für das hinten liegende Schaltwerk nicht vereinbar war.
Unglücklicherweise neigt diese Art der Zugführung zu einer Verschlechterung der Schaltung. Die Verlegung des Anschlags auf die Unterseite der Kettenstrebe verursacht eine engere Kurve für die Zughülle zum Schaltwerk. Darüber hinaus gelangt über das Ende leichter Sand und Schlamm, der vom Vorderrad nach hinten spritzt, in die Zughülle. Die Führung des Schaltseils am Innenlager, egal ob über oder unter dem Lager, ist ebenfalls Verschmutzungen durch das Vorderrad ausgesetzt...ein spezielles Problem für Geländefahrer.
Der hintere Schaltzug wird am Sattelrohr vorbeiführt und der vordere am Sattelrohr nach unten. Als diese Variante in den frühen '90ern erstmals angewendet wurde, waren die Umwerfer ein Problem, da die existierenden Modelle dafür gebaut wurden, durch ein, von unten ziehendes Seil betätigt zu werden. Die ersten Lösungen verwendeten angelötete Umlenkrollen auf der Rückseite des Sattelrohrs, eine, meiner Meinung nach ziemlich halbherzige Lösung. Das Problem wurde durch die Verfügbarkeit von "Top-Pull"-Umwerfern gelöst [Anm. d. Übers.: nicht zu verwechseln mit "Top-Swing" und "Down-Swing", was die Bewegung des Umwerfers beschreibt und nicht die Führung des Schaltseils].
Eine elegante Lösung dieses Problems ist es, die Züge "kreuzweise" zu verlegen: Das Kabel für das Schaltwerk wird vom Schalthebel (auf der rechten Seite) um das Oberrohr herum und zum Anschlag auf der linken Seite des Unterrohrs geführt.
Die blanken Seile werden dann unter der Mitte des Unterrohrs gekreuzt und formen ein "X". Die Seile können sich an der Kreuzungsstelle berühren, aber nur sehr leicht, da sie beide gerade sind...das kleine bisschen an Reibung an dieser Kreuzung wird durch die Verminderung der Reibung durch die glattere Führung der Zughüllen mehr als ausgeglichen.
Diese Technik funktioniert nicht mit Zügen, die über dem Innenlager verlegt werden, ist aber bei den meisten neueren Fahrrädern möglich, die über Anschläge für die Züge auf der Unterseite des Unterrohrs verfügen.
Es gibt auch einen sehr ausführlichen Artikel über die Justierung des Schaltwerks.
Bei modernen, mit Kunststoff ausgekleidete Zughüllen, ist die Verwendung von Fett unangebracht, da die Viskosität des Fettes eine träge Bewegung des Seils bewirkt. Dies ist besonders bei modernen Brems- und Schaltsystemen kritisch, die schwächere Rückholfedern nutzen und gilt generell für indexierte Schaltungen.
Viele Hersteller raten mittlerweile von der Schmierung der Züge ab. Bei versiegelten Systemen, wie Gore-Tex ® sollte es natürlich vermieden werden. Fahrräder, die häufig Feuchtigkeit ausgesetzt sind, profitieren dagegen oft von etwas Öl, das eher als Rostschutz und weniger als Schmierung eingesezt wird. Der Bereich, der besondere Aufmerksamkeit benötigt, ist das kurze Hüllenstück von der Kettenstrebe zum Schaltwerk.
Einige Fahrräder haben eine sehr ungünstige Zugführung, die dazu führt, dass die Zughüllen an den Anschlägen in einem starken Winkel eintreten. Dies ist besonders bei Cantilever-Bremsen oft der Fall. Es ist dann oft hilfreich, den Stück des Seils, dass durch eine solche enge Biegung verläuft, etwas zu fetten.
Die Befestigungen für Bremszüge sind die wichtigsten Befestigungen an einem Fahrrad. Sie sind klein und viele haben gebohrte Löcher, so dass es relativ leicht passiert, sie zu beschädigen...
Wenn Sie diese nicht fest genug anziehen, scheint die Bremse bei normaler Verwendung korrekt zu funktionieren. Dann, eines Tages schneidet Ihnen ein Bus den Weg ab und Sie betätigen die Bremsen besonders fest, um eine Notbremsung auszuführen...genau dann, wenn Sie die maximale Bremskraft benötigen, rutscht der Bremszug ab und die Bremse fällt ohne Vorwarnung komplett aus.